Naturwissenschaftlich-technische Fächer sind bei Schülerinnen und Schülern häufig unbeliebt. So belegen unter anderem nur 3% Chemie als Leistungskurs und im Jahr 2021 gab es 6,5% weniger Studienanfängerinnen und -anfänger in den MINT-Fächern. Dabei haben Abschlüsse im MINT-Bereich lukrative Zukunftsaussichten. Um die Zahl an Abschlüssen in diesen Fächern zu erhöhen, gibt es daher seit einigen Jahren Initiativen auf unterschiedlichen Ebenen – zum Beispiel von mehr als 120 regionalen Netzwerken und von der Bundesregierung.
Die MINT-Fächer, bestehend aus Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, sind wichtig, um den Fachkräftemangel zu beheben und Deutschlands Position als Innovationsstandort zu erhalten. Dazugehörige Berufe – unter anderem die Ingenieurwissenschaften, Fertigung und Bauwesen – sind maßgeblich vom kulturellen Wandel unserer Zeit beeinflusst oder sogar initiiert: Prozesse werden zunehmend digitalisiert, Verfahren optimiert und IT-Infrastrukturen vergrößert. Infolgedessen ist es von besonderer Bedeutung, Schülerinnen und Schülern eine zeitgemäße Bildung zu ermöglichen.
Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger spricht der naturwissenschaftlich-technischen Ausbildung eine immense Bedeutung zu: „Um die großen Herausforderungen der Zukunft wie Klimawandel und Digitalisierung zu meistern, müssen wir mehr Kinder und Jugendliche für MINT begeistern.“ Gegen den eklatanten Fachkräftemangel in den naturwissenschaftlich-technischen Berufen will die Bundesforschungsministerin mit dem „MINT-Aktionsplan 2.0“ vorgehen.
Besonders in den MINT-Fächern können Lehrkräfte digitale Methoden optimal nutzen, um Schülerinnen und Schüler auf die Zukunft vorzubereiten. Dazu gehört nicht nur fachliche Kompetenzen zu vermitteln, sondern auch wichtige Soft Skills des 21. Jahrhunderts zu fördern, wie zum Beispiel ein reflektierter Umgang mit neuen Medien.
Doch wie gelingt das unseren Bildungseinrichtungen?
Fakt ist: MINT-Bildung eröffnet spannende Einblicke in die Geheimnisse der Natur, die Prinzipien hinter Technologien und das Verständnis komplexer Systeme. Sie fördert das kritische Denken, die Problemlösungsfähigkeit und die Kreativität, die notwendig sind, um innovative Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu entwickeln.
Doch wie gestalten Lehrkräfte digitale Unterrichtsszenarien in MINT-Fächern? Welche Einsatzmöglichkeiten gibt es in den naturwissenschaftlichen Fächern? Welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen? Dieser Fachbeitrag beschäftigt sich mit der Gestaltung des digitalen Unterrichts in MINT-Fächern, mit Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis und stellt digitale Tools für den modernen Unterricht vor.
MINT-Unterricht für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts
Viele Schulen und Lehrkräfte nutzen bereits Lernmanagementsysteme (LMS), um den Unterricht zu organisieren und digitale Lehrmaterialien bereitzustellen. Auch die Verwendung von interaktiven Whiteboards, Tablets oder Smartphones zur Visualisierung von Unterrichtsinhalten und zur Einbindung von Schülerinnen und Schülern in den Unterricht ist keine Seltenheit mehr. Bei all dem sollte die Digitalisierung kein Ersatz für den traditionellen Unterricht sein, sondern als Ergänzung und Erweiterung dienen.
Insbesondere in den MINT-Fächern bietet der Einsatz digitaler Technologien viele Möglichkeiten, um die Attraktivität und Zugänglichkeit dieser Fächer zu steigern. Um die naturwissenschaftlich-technische Bildung zu stärken, ist es notwendig, die Entwicklungen moderner Forschung zu berücksichtigen und diese in das Schulcurriculum zu integrieren. Hierbei sollten Technologien wie Künstliche Intelligenz, Biotechnologie, technologische Lösungen für Klimawandel und Nachhaltigkeit, Quantenmechanik oder auch Gamification mit einem technologischen Bezug berücksichtigt werden. Das kann sich positiv auf die Motivation der Schülerinnen und Schüler, sich mit MINT-Themen auseinanderzusetzen, auswirken. Dieses Interesse ist wichtig, da die Nachfrage der modernen Arbeitswelt nach MINT-Kompetenzen stark steigt.
MINT ist außerdem eines der vier geförderten thematischen Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Bis Ende des Jahres 2026 werden hier mit Mitteln aus dem Deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) Forschung und Entwicklung digitalisierungsbezogener Fortbildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer ,sowie die Vernetzung der Akteure der Lehrkräftebildung mit bis zu 205 Millionen Euro gefördert. Mit verschiedenen Projekten werden die unterschiedlichen Akteure der Lehrkräftebildung zusammengebracht und ein Beitrag für qualitativ hochwertige und praxisnahe Fortbildungsangebote für aktive Lehrkräfte geleistet.
Verbesserte Lernbedingungen durch Flexibilität und Praxisnähe
Durch den Einsatz digitaler Lehrmethoden im MINT-Unterricht können Lernbedingungen signifikant verbessert werden. Mobile Endgeräte und Online-Lernplattformen ermöglichen ein flexibleres und individuelleres Lernen, indem die Inhalte auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler zugeschnitten werden und jederzeit zugänglich sind. Sie vereinfachen die Überprüfung des Lernfortschrittes und die Identifikation darauf aufbauender Handlungsschritte. Digitale Lernmaterialien können außerdem weitaus schneller aktualisiert werden als herkömmliche Materialien. Auch digitale Tests helfen Lehrkräften bei einer schnellen Auswertung und Online-Lernplattformen erleichtern die Unterrichtsvorbereitung.
Moderne Lehrmethoden – wie spielerische Elemente und Gamification – tragen zu einer höheren Retention des Gelernten und zur Steigerung der Motivation der Schülerinnen und Schüler bei. Sie lassen sich durch zahlreiche Apps und Anwendungen einfach in den Unterricht integrieren. Digitale Tools vereinfachen darüber hinaus Projektarbeiten und bieten ganz neue Kollaborationsmöglichkeiten, auch auf internationaler Ebene. Zudem erhalten auch stillere Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich im digitalen Raum stärker zu beteiligen.
Innovative Technologien wie 3D-Drucker und Roboter ermöglichen virtuelle Experimente und Simulationen, welche MINT-Lehrkräfte bei der Vermittlung komplexer Sachverhalte unterstützen. Des Weiteren erleichtern digitale Anwendungen die Zusammenarbeit mit Unternehmen und Hochschulen, wodurch Schülerinnen und Schüler Einblicke in aktuelle Technologien und Forschungsprojekte erhalten können.
Herausforderungen und Lösungsansätze bei der Digitalisierung von MINT-Fächern
Im MINT-Aktionsplan des Bundesministeriums für Bildung und Forschung werden aktuelle Herausforderungen festgehalten:
Der Schulunterricht in MINT-Fächern begeistert nicht nachhaltig, Schülerinnen und Schülern mangelt es an Informationen über MINT-Berufe, Studienfächer hohe Abbruchraten haben und Mädchen ihre Fähigkeiten oftmals unterschätzen. Zudem steigt die Nachfrage nach MINT-Fachkräften, während das Angebot weniger stark wächst, MINT-Themen erhalten nicht genügend Wertschätzung und der Transfer von Erfahrungen und guten Beispielen ist unsystematisch.
Weitere zu überwindende Hürden sind die IT-Sicherheit und der Datenschutz an Schulen. Sensible Daten von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern müssen unbedingt geschützt werden. Gleichzeitig darf die Funktionalität nicht darunter leiden. Ein weiteres Sorgenkind ist die immer noch ungleiche Verteilung von finanziellen Mitteln an Schulen für die Digitalisierung und die aufwendige Beschaffung dieser Förderungen.
Eine umfassende Planung stellt sicher, dass Schulen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren und gleichzeitig Herausforderungen vorausschauend begegnen. Die frühzeitige Ausarbeitung eines Medienentwicklungsplanes zur Abdeckung all dieser Bereiche und einem schulspezifischen Realitätscheck sind daher zu empfehlen.
Eine zentrale Herausforderung besteht im Bereich der Lehrkräftefortbildung. Umfragen zeigen, dass hier in Deutschland noch ein großer Bedarf besteht. Denn die besten digitalen Tools zeigen wenig Wirkung im MINT-Unterricht, wenn sie ohne Ziel eingesetzt werden. Auch die Anwendung von Hard- und Software an sich muss gelernt werden.
Initiativen im Bereich der MINT-Förderung
Um Schülerinnen und Schüler für MINT zu begeistern, brauchen Lehrkräfte die entsprechende Ausbildung, Zeit und Unterstützung. Neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung setzen sich auch viele Initiativen dafür ein, das Interesse an MINT-Fächern und MINT-Karrieren zu steigern. Wichtige Projekte und Institutionen im Bereich der MINT-Förderung sind:
Diese nationale Initiative hat das Ziel, naturwissenschaftlich-technische Fächer auszubauen und zu stärken, Schülerinnen und Schüler dafür zu begeistern und dem MINT-Fachkräftemangel entgegenwirken. Hervorzuheben sind hier besonders die zwei Auszeichnungen „MINT-freundliche Schule“ und „Digitale Schule“, sowie das halbjährliche MINT-Reporting.
Das MINT-Forum bringt alle Akteure im MINT-Bereich auf einen Fleck.
Diese Stiftung setzt sich mit der MINT-Förderung in Kitas und Grundschulen auseinander.
Der seit 1891bestehende Verband bietet praxiserprobte Fortbildungen für Lehrkräfte und fördert den fachlichen Dialog, sowie Qualität und Fortschritt in den mathematischen und naturwissenschaftlichen Schulfächern.
Digitalisierung von MINT-Fächern: Beispiele aus der Praxis
Dass sich diese Herausforderungen zu lösen lohnt, zeigen folgende Praxisbeispiele zur Digitalisierung von MINT-Fächern:
- Programmierung und Coding
Mit online verfügbaren Ressourcen, wie zum Beispiel Codecademy oder Khan Academy, erlernen Schülerinnen und Schüler im MINT-Unterricht die Grundlagen von Programmiersprachen wie Python oder JavaScript.
- Einsatz von digitalen Lehr- und Lernmaterialien
Mit digitalen Medien wie Online-Tutorials, interaktiven Lernprogrammen, Videos und Simulationen vermitteln Lehrkräfte die Inhalte des Unterrichts anschaulicher und verständlicher. Passende Werkzeuge für die MINT-Fächer stellen wir im nächsten Abschnitt vor. Noch mehr Ideen zum Einsatz finden Sie in unseren Praxisbeispielen.
- Virtuelle Laboratorien
In virtuellen Laboratorien können Experimente durchgeführt werden, die sonst aus Gründen der Sicherheit oder des Materialaufwands nicht machbar wären. Eine Plattform dafür ist das Online-Labor „PhET“, das von der University of Colorado Boulder entwickelt wurde und eine Sammlung von interaktiven Simulationen in verschiedenen MINT-Fächern bietet.
- Mobile Geräte
Mit mobilen Geräten bekommen Schülerinnen und Schüler Zugang zu neuen und digitalen Lernmaterialien, wie zum Beispiel interaktive Mathematikspiele oder Wissenschafts-Apps.
- Virtuelle Klassenräume
Durch die Verwendung von Videokonferenz-Tools können Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Städten oder Ländern in einem virtuellen Klassenzimmer zusammenarbeiten.
- 3D-Druck
Einige Schulen nutzen bereits 3D-Drucker, um Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, eigene Modelle oder Prototypen zu erstellen. Damit werden beispielsweise mathematische Modelle oder physikalische Experimente dargestellt.
- Nutzung von VR-Brillen
Im Erfahrungsbericht „Digitales Gymnasium“ am Beispiel des Marie-Curie-Gymnasiums erfahren Sie mehr darüber, wie das Marie-Curie-Gymnasium VR-Brillen im Geometrieunterricht einsetzt. Sehen Sie sich dazu gerne das kostenlose Webinar an.
So begeistern Bildungseinrichtungen für MINT: Handlungsfelder des MINT-Aktionsplans
Im MINT-Aktionsplan werden neue Schwerpunkte gesetzt. Dazu gehören die Förderung bildungsbenachteiligter Kinder und Jugendlicher, die intensivere Förderung der im MINT-Bereich unterrepräsentierten Mädchen, die engere Kooperation mit Schulen sowie die Ausweitung der Zielgruppe auf das Grundschul- und Kita-Alter. Diese Handlungsfelder sollen unter anderem dazu beitragen, mehr Schülerinnen und Schüler für MINT zu begeistern.
Schulen, die vormachen, wie das geht, werden in MINT-Schulen und MINT-freundliche Schulen eingeteilt. Ihre erfolgreichen Maßnahmen bestehen unter anderem aus einer anschaulichen und praxisnahen Unterrichtsgestaltung, einer zeitgemäßen Ausstattung, der gezielten Berufsorientierung und der Teilnahme an Wettbewerben und Olympiaden. Sie setzen die Handlungsfelder des Aktionsplans in AGs und zusätzlichen Bildungsangeboten und Fördermöglichkeiten, wie zum Beispiel der Unterstützung der Teilnahme am „Girl’s Day“, um.
Ihre Schule lebt bereits innovatives und begeisterndes Lernen in den MINT-Fächern und hat eine vollständige Sekundarstufe I? Dann haben Sie die Möglichkeit zur Zertifizierung und einer Aufnahme in das Exzellenz-Netzwerk „MINT-Schule“. Die Bewerbung erfolgt auf Länderebene. MINT-Schulen dienen als Vorzeigemodell in der Bildungslandschaft und sind Teil eines starken Netzwerkes. Hier finden sie alle Informationen zur Bewerbung.
Anwendungen und Tools für den digitalen MINT-Unterricht
Inzwischen gibt es eine Vielzahl an digitalen Werkzeugen für den MINT-Unterricht. Die Auswahl muss selbstverständlich individuell getroffen werden und nicht jedes Tool eignet sich für jede Schulform. Beispielhaft hierfür steht das Land Nordrhein-Westfalen, dass eigens hierfür eine Liste zusammengestellt hat. Hier finden Sie videobasierte interaktive Online-Lernumgebungen und -plattformen für frische Unterrichtsideen, spannende Experimente, Materialien, Übungen und Test, die eine Ergänzung zu den MINT-Fächern darstellen können.
Wie die Digitalisierung von MINT-Fächern gelingen kann
Die Digitalisierung von MINT-Fächern in die Praxis umzusetzen, ist nicht von jetzt auf gleich geschehen. Schulen brauchen für eine gelungene Umsetzung eine Vielzahl an Ressourcen. Glücklicherweise gibt es immer mehr Initiativen und Programme, die hier ansetzen und Schulen von der Vorbereitung über die ersten Praxis-Versuche bis hin zur Evaluierung begleiten. Wir unterstützen Sie gerne bei der sorgfältigen Planung und Implementierung von digitalen Technologien und Anwendungen in den Unterricht.
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